Aber das Abschiednehmen ist ja überhaupt etwas, das über unser Vermögen geht. Wem ist das je gelungen


Aber das Abschiednehmen ...

Drehbuch für einen Kurzfilm, 2007

 

 

Aber das Abschiednehmen ist ja überhaupt etwas, das über unser Vermögen geht. Wem ist das je gelungenDrehbuch für einen Kurzfilm in 25 Szenen

Handlung/Thema

In einer Stadt in einer Wohnung in einem Zimmer liegt ein alter Mann im Sterben. Er ist der Vater des Mannes, der zusammen mit Frau und Kind in der Wohnung lebt. Er wird von ihnen gepflegt. Der Film erzählt von den letzten beiden Jahren des Zusammenlebens der Familie mit dem Vater bzw. Großvater. Vom Leben, vom Abschiednehmen und vom Tod.

Der Film beginnt an einem Februarmorgen, zu Beginn der Dämmerung. Alle weiteren Einstellungen sind über die folgenden 23 Stunden des Tages verteilt, jedoch nicht dieses selben Februartages, sondern über die nächsten zwei Jahre gehend (d. h. die folgende Szene/Einstellung ist gegen acht im März usf., s. Szenenabfolge). Die letzte Einstellung dann wieder im Februar am frühen Morgen, kurz nachdem der alte Mann gestorben ist.

 

Ort/Setting

Der Film spielt in einer Altbauwohnung, 2. oder eher 3. Stock. Zur Straße hin liegen drei Zimmer: Schlafzimmer, Wohnzimmer (das, seitdem die Familie den Sterbenden zu sich genommen hat, dem Vater, einem Grafiker und Illustrator, als Arbeitszimmer dient), Zimmer des Sterbenden (das vormalige Arbeitszimmer des Vaters). Auf der anderen, zum Hof gelegenen Seite: Kinderzimmer, Bad und Küche. Zwischen den beiden Flügeln der Wohnung verläuft ein langer Flur.

Es gibt nur Innenaufnahmen. Das Außen dringt aber durch die Fenster herein (Licht) und zeigt sich ab und an in ihnen (der Wohnung gegenüberliegende Fenster - beleuchtet, Bäume, Vögel, Baukran). Vor allem ist es in Geräuschen anwesend (Verkehr, Passanten, Kinder, Krankenwagensirenen, Baustellengeräusche etc.).

 

Kamera

Trotz minimal langsamer Kamerafahrten und entsprechender Schwenks und Zooms, erweckt die Kamera den Anschein, sich nicht zu bewegen. Eventuelle Schnitte sind wie ein Blinzeln des Auges: nach kurzem Schwarzfilm befindet sich die Kamera in derselben Einstellung (um die Zeit zu raffen, es ist dann etwas heller/dunkler, die Bewegung der Personen setzt woanders ein, oder sie haben sogar den Raum inzwischen verlassen).

Die Kamera ist immer dort, wo gerade nichts passiert, wie ein naher, aber diskreter Nachbar. Die Kamera ist nicht auf die Menschen gerichtet, diese gehen nur an ihr vorbei, wobei nur Anschnitte von ihnen sichtbar werden. Es gibt keine Close-ups. Die Kamera fokussiert jedoch Kleidungsstücke, über einen Stuhl geworfen, an einem Schrank hängend, und Gebrauchsgegenstände – wie das, was von einem Toten noch lange bleibt, was man vielleicht aufhebt, weil er es getragen oder täglich benutzt hat.

Durch das Verfahren des Vorbeisehens stellt sich ein Scharf-Sehen, ein Sehen des Eigentlichen ein. Es ist Zeichen der Behutsamkeit und der Demut gegenüber dem Leben und dem Sterben, dem Tod.

 

Ton

Kein eingespielter Ton, keine Off-Musik, kein Off-Kommentar oder Erzählerstimme. Nur O-Ton (Monolog, Dialog, Radio etc., Geräusche/Töne innen/außen). Musik nur, wenn sie von den Figuren selbst erzeugt oder (im Radio, von CD) gehört wird.

Die Stimmen der Bewohner, Geräusche, Radio, Telefon etc.

Immer wieder: Stille.

 

Licht

Dem Licht kommt große Bedeutung für die Atmosphäre, die Charakterisierung der Jahres- und Tageszeiten zu. Zu Beginn und am Ende ist das Licht diffus, aber nicht weich – wie an Wintertagen und im Spätherbst. In der Mitte herrscht ein helles, fast schmerzendes Sommerlicht, das scharfe Schatten zeichnet und die Konturen betont.

 

Personen

Keine der Personen wird ganz sichtbar. Es sind nur Körperanschnitte (Schulter, Arm, Ellenbogen, Bein, Hüfte, Füße, Brust, Rücken und immer wieder Hände) im Fokus der Kamera, ebenso: Kleidungsstücke.

Aus den Dialogen, den Geräuschen, den (vorbeihuschenden) Gesten/ Bewegungen, den Einrichtungsgegenständen, den Dingen setzt sich das Bild von den Figuren zusammen.

 

Szenenabfolge

1. Februar, 6 Uhr: So beginnt der Tag.
2. März, 7 Uhr: Morgendliche Schatten.
3. April, 8 Uhr: Feiner Schnee.
4. Mai, 9 Uhr: Arbeit.
5. Juni, 10 Uhr: Licht.
6. Juli, 11 Uhr: Tee.
7. August, 12 Uhr: Ferien.
8. September, 13 Uhr: Das Kind, allein.
9. Oktober, 14 Uhr: Mittagsschlaf.
10. November, 15 Uhr: Lesen. Erzählen. / Vater und Kind.
11. Dezember, 16 Uhr: Die Schwester.
12. Januar, 17 Uhr: Winterbild.
13. Februar, 18 Uhr: Mutter und Kind.
14. März, 19 Uhr: Abendbrot.
15. April, 20 Uhr: Gereiztheit.
16. Mai, 21 Uhr: Märchen.
17. Juni, 22 Uhr: Telefon.
18. Juli, 23 Uhr: Medizin. Überwachung.
19. August, 0 Uhr: Sprechen zur Nacht.
20. September, 1 Uhr: Betrachtung.
21. Oktober, 2 Uhr: Schlafen. Wachen.
22. November, 3 Uhr: Träume.
23. Dezember, 4 Uhr: Die Mutter, allein.
24. Januar, 5 Uhr: So endet die Nacht.
25. Februar, 6 Uhr: Tod. Fort. Gesang.

 

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