Heimkehren, essen, erzählen
Würdigung. Heute wäre der jüdisch-italienische Schriftsteller Primo Levi 90 Jahre alt geworden. Bettina Hartz erinnert an den Autor von »Ist das ein Mensch?«
»Levi wurde oft als Optimist beschrieben. Warum? Weil er gegen die Barbarei kämpfte, mit den schwachen Waffen des Humanismus. Weil er sich noch im Lager an die letzte Möglichkeit des Widerstands hielt, die ihm geblieben war, ›die Möglichkeit nämlich, unser Einverständnis zu versagen‹. Aber Levi war kein Optimist, er war Realist. Er hat immer versucht, die Dinge so klar wie möglich zu sehen und zu benennen. Darin unterscheidet er sich von Kafka, dessen vorausahnende Hellsicht, was die Gewalt einer von allen moralischen Bedenken entleerten Bürokratie angeht, er dennoch anerkennt. Und in dessen Roman, obwohl oder gerade weil er ihn fürchtet, er nicht nur die Welt der Konzentrationslager wiedererkennt, sondern auch die totale Einsamkeit im Leben und im Tod.
Am 11. April 1987 hat sich Primo Levi im Treppenhaus seines Geburtshauses, in dem er fast sein ganzen Leben gewohnt hat, in den Tod gestürzt. Wenn er je hätte heimkehren können, könnte er noch unter uns sein. Und heute seinen 90. Geburtstag feiern.«
Der Freitag, 31. Juli 2009
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