Wahrheitssucher Zum hundertsten Geburtstag von Pier Paolo Pasolini in diesem Jahr gibt sein deutscher Hausverlag Wagenbach eine von Gaetano Biccari verantwortete Auswahl mit Gesprächen, Gedichten, Interviews und Selbstzeugnissen heraus (...), die noch einmal exemplarisch zeigt, wofür der große strittige Filmemacher, Dichter, Erzähler bis heute steht: Nonkonformismus, Mut, Polemik, Hyperintellektualität, Sinnlichkeit, Liebe zum Volk und zur Archaik, Freude am kritischen wie selbstkritischen Widerspruch. Pasolini war ein Mensch, ein Künstler, der wirklich an der Wahrheit interessiert war. Der sie nicht nur gesucht, sondern nach ihr geschürft hat, der sie uns auf schmerzlich-schöne, auf nackt-brutale Weise in seinen Filmen, seinen Gedichten, seinen Romanen offenbart hat. Er war einer dieser einsamen unzeitgemäßen Einzelgänger, die uns zeigen, in was für einer Welt wir leben, und die uns helfen, nicht nur zu verstehen, sondern zu akzeptieren und anzunehmen, dass wir nicht zu retten sind. Und trotzdem zu kämpfen und das Leben zu lieben. Tanti auguri, Pier Paolo!
FAS Nr. 23, 12. Juni 2022, Feuilleton Seite 38
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