Literatur I Ein Landvermesser eigener Art war Henry David Thoreau, hat er auf seinen Touren doch nicht nur Höhen und Fernen registriert und Grenzpfosten markiert, sondern auch immer links und rechts seines Weges ins Grüne und Blühende geschaut. 182 verschiedene Pflanzenarten hat er auf seinen Streifzügen in seiner Heimat Concord entdeckt, und da ihn die wild wachsende Natur mehr interessierte als die kartografierte und kultivierte, begann er bald damit, die heimische Flora die Jahreszeiten hindurch zu studieren und ihre Formen ebenso zu beschreiben wie Blüte und Reife ihrer Früchte, deren Aussehen, Geruch und Geschmack. Unter dem Titel »Wilde Früchte« hat der Manesse-Verlag jetzt dieses Kompendium aus dem Nachlass als deutsche Erstausgabe herausgebracht, genaue botanische Beobachtungen treffen dort auf Zitate von antiken und zeitgenössischen Autoren, in einem zart illustrierten, exzellent kommentierten Band, der die verführerische Sinnlichkeit der Thoreauschen Prosa leuchten lässt.
Henry David Thoreau: »Wilde Früchte«. Hg. und mit einem Nachwort von Bradley P. Dean. Aus dem Englischen von Uda Strätling. Mit 50 Illustrationen von Sonia Schadwinkel. Manesse, 320 Seiten, 99 Euro
FAS Nr. 24, 17. Juni 2012, Feuilleton Seite 28