Dieses Buch fragt nach den Praktiken, die die Spuren der Wale erzeugten, nach den Medien, die sie sichtbar machten, und nach den Akteuren, die daran beteiligt waren. Es folgt dabei weniger den Walen als vielmehr denen, die ihnen folgten: in erster Linie also den Walfängern, die auf der Jagd nach ihrer Beute sämtliche Meere der Welt befuhren. Es wendet sich jedoch auch den Ozeanographen, Expeditionen, Naturhistorikern und Zoologen zu, die sich über das gesamte 19. Jahrhundert hinweg an den Walfängern orientierten, indem sie ihnen hinterherreisten, sie befragten oder ihre Forschungen damit legitimierten, dass einer der wichtigsten amerikanischen Wirtschaftszweige von ihren Erkenntnissen profitieren würde.
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Jüngere Arbeiten aus der Geschichte der Meereswissenschaften haben herausgearbeitet, dass das Meer [...] in der Mitte des 19. Jahrhunderts von einer Transitzone zum Ziel und zum Gegenstand nachhaltigen wissenschaftlichen Interesses wurde. Sie haben die Bedeutung der Kartographie betont, über die maritimes Wissen zwischen Seefahrern, Militärs und Wissenschaftlern zirkulieren konnte, und herausgehoben, dass es sich bei ozeanographischer Forschung um Wissenschaft auf dem Meer, also um Forschung im Feld handelte. Dass [...] ein großer Teil der Arbeit der heute ›Ozeanographie‹ genannten Wissenschaft nicht zur See, sondern im Archiv erledigt wurde, hat bisher wenig Beachtung gefunden.
Felix Lüttge, Auf den Spuren des Wals – Geographien des Lebens im 19. Jahrhundert