[...] »eine der Leistungen der Romantik [bestand darin], einen völlig neuen Modus der Vollendung und sogar eine echte Veränderung der Schreibweise einzuführen: demzufolge besteht die dem Werk eigene Kraft in seinem schieren Sein und nicht im Darstellen irgendwelcher Inhalte, in der Kraft, selbst qua Werk zugleich das Absolute und das Fragmentarische, also die Totalität zu bestätigen. All dies aber in einer Form, die, da sie alle Formen einschließt und d.h. im Grenzfall auch formlos sein kann, das Ganze nicht verwirklicht, es aber bezeichnet, indem sie es außer Kraft setzt oder sogar sprengt.« (Maurice Blanchot)
Der Wegfall einstmal als fest und solide angenommener Standpunkte betrifft die junge Künstlergeneration in besonderer Weise. Sozialisiert oftmals in religiös geprägten Milieus, sieht sich der von vielen internalisierte Glaube durch zeitgenössische Wissenschaft und Philosophie in die Krise gestürzt. Der Versuch eines Umgangs damit könnte eine Definition von Romantik sein, ist sie doch eine Art von Bewältigungsstrategie gegenüber der Problematik fehlender Letztbegründungen, bei der auf diese Erfahrung nicht mit der ernst gemeinten Behauptung neuer Totalität und Absolutheit der Kunst reagiert wird, sondern mit einer künstlerischen Formensprache, die dem unendlichen Mangel und der Sehnsucht nach dem Absoluten Ausdruck gibt.
»Wir sehen in den Kunstwerken aller Zeiten am deutlichsten, wie das Menschengeschlecht sich verändert hat, wie niemals dieselbe Zeit wieder gekommen ist, die einmal da war; wie können wir denn auf den unseligen Einfall kommen, die alte Kunst wieder zurückrufen zu wollen? [...] Wie können wir nur denken, die alte Kunst wieder zu erlangen? Die Griechen haben die Schönheit der Formen und Gestalten auf's höchste gebracht in der Zeit, da ihre Götter zu Grunde gingen; die neuern Römer brachten die historische Darstellung am weitesten, als die Katholische Religion zu Grunde ging: bey uns geht wieder etwas zu Grunde, alles ist luftiger und leichter, als das bisherige, es drängt sich alles zur Landschaft, sucht etwas Bestimmtes in dieser Unbestimmtheit und weiß nicht, wie es anzufangen?« (Philipp Otto Runge an seinen Bruder Daniel, Februar 1802)
Der Roman, oder genauer: der romantische Roman wird hier als eine zuweilen in unendliche Weiten sich ausdehnende und wuchernde Textlandschaft beschrieben. Die ästhetische Kategorie der Landschaft und die poetische Gattung des Romans verbindet somit nicht nur ihre besondere, um 1800 hell aufscheinende Modernität, sie werden, auf einer gewissen Ebene, auch als formäquivalent verstanden.