Erfolg II
Olga ist eine Kioskfrau, irgendwo in einer Stadt in Europa, sie verkauft Zeitschriften, Lutscher, Zigaretten und Lottoscheine, und sie träumt vom Meer. Olga hat Fernweh, und aus Fernweh isst sie mehr, als sie verträgt, eigentlich isst sie ständig, Süßigkeiten und Knabberzeug stehen und liegen ja um sie herum, und so wird sie immer dicker und dicker, bis sie so dick ist, dass sie nicht mehr durch die Kiosktür passt. Als zwei kleine Ladendiebe daherkommen und Olga gegen sie ihre Sachen zu verteidigen sucht, kippt sie mitsamt ihrem Kiosk um, entdeckt dabei aber, dass sie diesen nicht nur hochheben, sondern sogar mit ihm herumgehen kann. Sogleich macht sie sich auf, stürzt über eine Bleistiftknäuelhundeleine in den Fluss, schwimmt mit ihrem Kiosk bis zum Meer – und wird Eisverkäuferin. Die lettische Kinderbuchautorin und -illustratorin Anete Melece hat mit „Der Kiosk“ (...) eine für Vier- bis Zehnjährige ungewöhnlich unsüßliche, für Kinder dieser Altersgruppe auch ungewöhnlich unhübsch bebilderte Geschichte geschaffen, die zum Vor- wie Selberlesen einlädt, zum sehr genauen Betrachten, zum Entdecken vieler Nebensachen und zum Fernwehträumen.
Anete Melece: »Der Kiosk«. Atlantis, 40 Seiten, 15 Euro, ab 5 Jahren
FAS Nr. 20, 17. Mai 2020, Feuilleton Seite 42